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SYNOIDs Kollaps: Was steckt hinter dem Absturz von Berlins langlebiger Techno-Party?

Über nahezu ein Jahrzehnt setzte SYNOID Maßstäbe: internationale Strahlkraft, Marathon-Sessions und Line-ups am Limit. Was als Aushängeschild der Berliner Nacht galt, ringt heute um seine Fortführung - die Perspektive ist ungewiss.

  • Casey Seaward
  • 23 September 2025
SYNOIDs Kollaps: Was steckt hinter dem Absturz von Berlins langlebiger Techno-Party?

Das jüngste Event endete abrupt, vor nahezu leerem Floor. Ein scharfer Kontrast zu den früheren, überfüllten Nächten, die SYNOID Kultstatus einbrachten. Vorausgegangen waren wiederholte Verschiebungen des groß beworbenen 9. Jubiläums, was Zweifel weckte, ob die Reihe sich erholen kann

Der Gegenwind nahm zu, nachdem SYNOID eine öffentliche Stellungnahme veröffentlichte. Statt Beruhigung löste der Post umgehend Kritik aus. Mehrere prominente Stimmen der Szene – darunter Valerie Ace, Perc, Tham und Frazier, kommentierten öffentlich und hoben die Probleme des Wochenendes hervor. Weitere Künstler gaben an, für ihre – teils bis zu drei Stunden dauernden, Sets nicht bezahlt worden zu sein, und bemängelten mangelhafte Organisation sowie fehlende Kommunikation seitens der Veranstalter.

Die Mischung aus schrumpfendem Publikum, finanziellen Streitigkeiten und wachsendem Misstrauen seitens der Performer hat die langjährige Marke an den Rand des Zusammenbruchs gebracht, ein dramatischer Fall für eine Reihe, die bis vor Kurzem als Eckpfeiler der Berliner Techno-Szene galt.

Diese Beschwerden beschränken sich nicht auf ein einzelnes Wochenende. Was hinter SYNOIDs Niedergang liegt, verweist auf eine längere Geschichte der Instabilität hinter den Kulissen. Ehemalige Kollaborateure, Mitarbeiter und Künstler meldeten sich mit ihren Erfahrungen. Mehrere berichten, die interne Agenturstruktur sei von abrupten Entlassungen von Agenten geprägt gewesen, wodurch Künstler ohne angemessene Betreuung zurückblieben. Andere beschreiben eine Kultur der Last-Minute-Planung, schwacher Kommunikation und fehlender finanzieller Transparenz, Missstände, die nun offen zutage treten.

Langjährige Wegbegleiter reflektierten ihre Erfahrungen mit SYNOID und betonten sowohl das Vermächtnis als auch die Bruchstellen der letzten Jahre. Ein Resident-DJ, der seit 2016 regelmäßig dort spielte, erklärte, sein persönliches Verhältnis zum Promoter sei über viele Jahre positiv gewesen: „Persönlich hatte ich bis Dezember letzten Jahres nie Probleme. Ich wurde immer pünktlich bezahlt und hatte nie Issues mit SYNOID“, sagte er.

Gleichzeitig verwies er auf breitere Warnzeichen und beschrieb eine schleichende Stimmungskippung in den vergangenen zwei bis drei Jahren: „Ich denke, es war ein Zeichen, dass etwas nicht rund lief. Die Marke wirkte nicht mehr frisch, und die Line-ups begannen sich zu wiederholen. Nach COVID buchte SYNOID mehr mainstreamige Hard-Techno-Artists, die weder zu SYNOIDs Identität noch zum Berliner Vibe passten. An dem Punkt begann sich etwas zu verändern.“

Über Programmfragen hinaus wurde der Ruf des Promoters zunehmend als Problem gesehen: „Viele, die mit ihm gearbeitet haben, hörten auf, weil er einfach … toxisch war. Eine Mischung aus schlechtem Ruf und Booking-Entscheidungen hat die Stimmung auf den Partys kippen lassen.“

Für manche gingen die Probleme über verspätete Zahlungen hinaus. SYNOIDs Versuch, mit einem neuen Agenturzweig ins Künstler-Management zu expandieren, wird als chaotisch und schlecht umgesetzt beschrieben. Mehrere Künstler sagen, das Projekt sei trotz wiederholter Zusagen und monatelanger Vorbereitung nie offiziell gestartet. Ein Künstler erinnerte sich: „Er versprach viele Events, sagte aber fast alle wieder ab. Das einzige, das stattfand, war furchtbar und stressig.“ Es habe an Infrastruktur gefehlt, damit die Agentur wie vorgesehen funktionieren konnte: „Wir warteten ständig auf den offiziellen Launch, der nie kam. Am Ende gab es keine echte Support-Struktur, keine neuen Bookings und keine klare Kommunikation.“

Auch das Finanzgebaren wurde hinterfragt. Wie ein Künstler anmerkte: „Es wurde eine hohe Booking-Fee einbehalten mit dem Versprechen, Künstler- und Agentenentwicklung zu fördern, aber das Geld schien nie in den Agenturaufbau zurückzufließen.“ Ein weiterer Performer fasste die Erfahrung öffentlich knapp zusammen: „Ich habe meine alte Agentur verlassen, um zu SYNOIDs neuer Agentur zu wechseln. Während meines Onboardings wurde mein Agent gefeuert – jetzt habe ich überhaupt keine Agentur mehr.“

Was als vielversprechende Zusammenarbeit begann, endete als belastende Odyssee. Unerfüllte Versprechen, abgesagte Events und fehlende Verantwortungsübernahme spiegeln die größeren Probleme wider, die SYNOID derzeit einholen, und ließen Künstler nicht nur unbezahlt zurück, sondern auch desillusioniert und misstrauisch gegenüber einer Marke, an die sie einst glaubten.

Nicht nur Künstler bekamen die Folgen zu spüren. Ein ehemaliger Booker, der eng mit SYNOID arbeitete, schilderte ein feindseliges und toxisches Arbeitsumfeld unter dem Promoter: „Von Anfang an war das Arbeitsklima feindselig. Er war aggressiv und emotional instabil, was mir Angst machte. Man sagte mir, ich solle ‚dankbar‘ sein, dort zu sein, weil der Rest der Szene noch schlimmer sei.“

Zudem wurden manipulative Praktiken und unethische Zwänge beschrieben: „Ich musste oft Anweisungen ausführen, die sich gegenüber Künstlern unehrlich oder manipulativ anfühlten, und er drängte stark darauf, Line-ups zu ‚pinkwashen‘, dem habe ich deutlich widersprochen.“ Es ist ein Einblick in unsichtbare Zwänge und ethische Kompromisse, die SYNOID über die Zeit von innen ausgehöhlt haben.

Anonyme Berichte gehen weiter und werfen der SYNOID-Leitung Fehlverhalten und Ausbeutung vor. In einem öffentlichen Statement, das sich direkt an den Gründer richtete, wurden Belästigung, Substanzmissbrauch und Manipulation innerhalb der Szene behauptet. Auch wenn diese Vorwürfe nicht verifiziert sind, nähren sie das Gefühl, dass lang schwelende Probleme nun eskaliert sind, mit einem Ruf, der in Trümmern liegt.

Einst zentral für die härtere Berliner Techno-Identität, steht SYNOIDs Geschichte heute als warnendes Beispiel dafür, was passiert, wenn interne Risse über Jahre ignoriert werden und schließlich an die Oberfläche treten. Ob die Marke ein mögliches Insolvenzverfahren übersteht oder Beziehungen zu Künstlern reparieren kann, bleibt offen. Ihr neun Jahre währendes Vermächtnis ist nun von Kontroversen und Konflikten gezeichnet.

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